1925 spritzte der Arzt Ferdinand Huneke (1891 bis 1966) einer Migränepatientin das Lokalanästhetikum Procain. Völlig überraschend verschwand der Kopfschmerz. Jahre später setzte er rund um die Unterschenkelwunde einer Patientin eine betäubende Injektion; die Schulterbeschwerden der Frau waren innerhalb von Sekunden verschwunden – eine Wirkung an einem völlig anderen Körperbereich. Dieses Phänomen beschrieb Huneke als Sekundenphänomen. Gemeinsam mit seinem Bruder Walter entwickelte er in den folgenden Jahren ein Therapiekonzept, dass sie als Neuraltherapie bezeichneten.
Der vom Arzt von Roques geprägte Begriff "Neuraltherapie nach Huneke" umfasst seither drei Ebenen: lokale Therapie | Segmenttherapie | Störfeldtherapie.
Bei der Schmerz- bzw. Neuraltherapie handelt es sich um eine Reiz-, Regulations- und Umstimmungstherapie, die auf das Nervensystem wirkt.
Im wörtlichen Sinn bedeutet Neuraltherapie eine Behandlung, die sich auf das Nervensystem bezieht. Gemeint ist das vegetative Nervensystem (VNS, autonomes Nervensystem), das für unbewusst ablaufende Körperfunktionen wie eben auch die Schmerzverarbeitung zuständig ist.
Das Lokalanästhetikum soll nicht nur kurzfristig den Schmerz betäuben, sondern auch dauerhaft auf das vegetative Nervensystem einwirken. In der Theorie soll der Schmerzimpuls ausgeschaltet werden, damit die Nervenzellen Gelegenheit bekommen, sich neu zu organisieren. Ähnlich, wie wenn man einen Computer runter- und dann wieder hochfährt. Das System wird zurückgesetzt und neu gestartet.
Zudem geht die Neuraltherapie davon aus, dass das verwendete Betäubungsmittel auch die Selbstheilung des Körpers unterstützt. Es ist nämlich bekannt, dass Procain zur Stabilisierung von Nervenzellwänden beiträgt und die Durchblutung in den Gefäßen fördert. Dadurch soll die Procain-Injektion auch antirheumatisch und entzündungshemmend wirken.
Alternativ zu Procain können auch Lidocain oder Carbocain bei der Neuraltherapie zum Einsatz kommen, etwa wenn eine Allergie vorliegt. Überempfindlichkeitsreaktionen sind jedoch äußerst selten und können vor der eigentlichen Behandlung durch eine kleine Test-Injektion ausgeschlossen werden.
Bei der Segmenttherapie wird das lokale Betäubungsmittel direkt im Bereich der Beschwerden eingebracht. Die Injektion erfolgt in der Regel subkutan, also in die Fettschicht der Haut. Damit sich der Wirkstoff ausreichend verteilen kann, werden die Injektionen an mehreren Punkten im selben Areal verabreicht, die Quaddeln bilden.
In der Neuraltherapie wird davon ausgegangen, dass das injizierte Betäubungsmittel über die Hautschicht in die Nervenbahnen gelangt und dann in noch tieferliegende Schichten weitertransportiert wird.
Bei der Störfeldtherapie wird das lokale Betäubungsmittel nicht in dem Bereich eingebracht, wo die Beschwerden auftreten, sondern dort, wo sich sogenannte Störfelder befinden sollen. Damit sind beispielsweise Narben von früheren Operationen oder Unfällen gemeint, die nach Verständnis der Neuraltherapie das vegetative Nervensystem kontinuierlich reizen und den Körper dadurch unter Dauerstress setzen.
Die Behandlung erfolgt entweder im Liegen oder im Sitzen. Das Lokalanästhetikum (Procain) wird unter Einhaltung strengster Infektionsschutzmaßnahmen direkt in den Schmerzpunkt gespritzt. Dabei werden besonders feine, gewebeschonende Nadeln verwendet, die nur ein leichtes Piksen verursachen.
Die Wirkung des Betäubungsmittels setzt nach ein bis zwei Minuten ein und dauert ca. 30 Minuten an. Der Wirkstoff zerfällt und wird vom Körper verstoffwechselt.
Häufige Anwendungsgebiete sind Muskelverhärtungen und Verspannungen | Schmerzen jeglicher Art | Migräne | Tinnitus | verhärtete Narben | Arthrose und Arthritis
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